Sven kann sich einen Pauschalurlaub nur schwer vorstellen. Warum das so ist und wie er stattdessen reist, das erzählt er in diesem Interview.
Du machst andere Reisen als der Normalsterbliche – warum?
Pauschalreise finde ich grundlegend öde und denke, man kann mit seiner Zeit Besseres anfangen. Ich mags gern authentisch – und dort wo nicht ganz so viele Touristen sind, ist es meist ursprünglicher. El Arenal, wo damit geworben wird, dass es deutschen Kaffee gibt, stelle ich mir nicht wirklich authentisch vor. Auch finde ich Reisen, bei denen man die ganze Zeit am Pool abhängt, langweilig. Pools sind doof – dann kann ich auch ins Billebad.
Wie gestaltest du deine Reisen?
Ich informiere mich gar nicht vorab, sondern überlege mir vor Ort, was ich sehen möchte, und setze das oft mit dortigen Veranstaltern um – das klappt meist fantastisch. Wie zum Beispiel in Kirgistan: Wir sind ohne Plan hingefahren, haben uns die Hauptstadt Bischkek angeguckt und waren zwei Tage später auf einem Pferd über einen Pass unterwegs.
Wonach suchst du deine Reiseziele aus?
Das ist ganz einfach: Danach, wo ich noch nicht war, was ich mir finanziell erlauben kann und was einigermaßen interessant zu sein verspricht.
Was ist für dich interessant?
Ich mag Dinge, die ich aus dem Fernsehen kenne – da kann ich sagen: Die gibt’s wirklich. Manche Leute fahren dorthin, wo sonst keiner ist – die sind in Paris und sehen sich nicht den Eiffelturm an, weil es da so voll ist. Das ist nicht meine Art von Tourismus. Ich finde es cool, die bekanntesten Punkte der Erde abzuklappern, da habe ich Freude dran.
Wie verständigst du dich unterwegs?
Ich habe immer meinen maschinellen Übersetzer dabei. (Er zeigt auf sein Handy.) Denn ich denke, mit den großen Sprachen Englisch, Französisch, Spanisch, Arabisch und Russisch kommst du überall durch. Ich tippe also einen Drei-Wort-Satz ein, drücke eine Taste und dann plappert er los. Das geht am besten mit Fragen, die man mit Ja und Nein beantworten kann. In solchen Gesprächen geht es dann eher um die Basics, aber damit kommt man ganz gut durch. Ich hatte mal einen Smalltalk mit einem Taxifahrer in Jerewan; da haben wir eine richtige Unterhaltung hingekriegt. Er selbst hat dann mit Gesten geantwortet.
Du lässt also die anderen nicht in dein Handy sprechen?
Nein. Wenn der andere undeutlich redet, lispelt oder irgendeinen Regionaldialekt spricht, dann funktioniert das nicht. Ich selbst spreche auch nicht mit meinem Handy – ich vertraue dem Ding nicht. Ich rede ja recht schnell. Wer weiß, was da am Ende herauskommt.
Wo hat es dir besonders gut gefallen?
Neben Nordkorea war das Myanmar. Damals war das Land noch eine Militärdiktatur. Daher gab es dort fast keine Touristen. Da wo jetzt Pauschaltouristen zu Hauf herumlaufen, waren mein Kumpel und ich alleine und damit Exoten. Einmal sind wir per Anhalter mit einem Ochsengespann gefahren – die Einheimischen waren mächtig begeistert.
Was reizt dich an Diktaturen?
Sie haben den Vorteil, dass man dort erstens sicher ist. Zweitens sind sie wenig besucht, man ist dort fast alleine. Ich muss sagen, dass ich bei meinem Urlaub in Nordkorea und bei dem in Myanmar am zufriedensten war.
Du bist häufig in osteuropäischen Ländern. Warum?
Der postsowjetische Raum ist super. Da gibt’s was zu gucken und es ist extrem billig. Osteuropa hat was zu bieten und es fahren auch nicht so viele Leute hin.
Sind die ehemaligen Sowjetrepubliken alle gleich?
Nee! Georgien ist zum Beispiel ganz anders als Kasachstan. In Nur-Sultan, der Hauptstadt von Kasachstan, gibt es goldene Hochhäuser und glitzernde Türme mit Kugeln. Das ist so eine Mentalitätssache – es fängt beim Kaukasus an und geht bis zur inneren Mongolei. Dort mag man billige Protzbauten, irgendwelche Glas-Stahl-Dinger. Und wenn man näher rankommt, sind die Gebilde schon 20 Jahre alt und fallen auseinander. Das Baltikum ist wiederum eine ganz andere Geschichte, das kannst du nicht vergleichen. Moldawien wiederum ist günstig und es macht Spaß. Und in Usbekistan gibt’s viel zu gucken, zum Beispiel die blau gekachelte Seidenstraßenstädte. Armenien ist auch schön, vor allem im Frühling. Da blüht alles.
Du warst auch im Kosovo?
Kosovo ist cool. Da sprechen alle deutsch, weil die alle schon mal hier waren. Und sie freuen sich, wenn du da bist, denn sie haben sonst keine Touristen.
Und was sagst du zum afrikanischen Kontinent?
Afrika ist generell schwierig zu bereisen, weil es da an jeglicher Infrastruktur fehlt. Es gibt zum Beispiel keine regelmäßig verkehrenden Busse. Und die Länder sind natürlich komplett unterschiedlich. Uganda ist sehr sicher. In Äthiopien gibt es Landschaften, die sind so dramatisch wie in den USA. Das Hochland von Äthiopien ist zum Weinen schön, das kennt hier bloß keiner. Ruanda ist wiederum voll mit Menschen. Ich habe noch nie so viele Leute gesehen wie dort.
Danke dir für das Gespräch, Sven.
Hat dir dieser Artikel gefallen? In diesem Interview erzählt Sven ausführlicher von seiner Reise nach Nordkorea.
Und hier berichtet Miriam von ihren Soloreisen in Afrika.
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