Verliebt in den Megaproll

Mühsam nahm Heiner eine Stufe nach der anderen. Freitag Abend. Ihn erwartete die Couch, der Fernseher – und vielleicht ein Weinchen. Ein stinknormales Wochenende.

Noch bevor er den Schlüssel ins Schloss stecken konnte, ging die Tür von innen auf. Elke.

Sie nahm ihm schon im Flur Mantel und Hut ab, stellte seine Aktentasche in die Ecke.

„Ich möchte mit dir reden, Liebling.“

Reden, hm. Dass das Reden durchaus Vorteile hatte, wusste er als Versicherungsvertreter theoretisch.

„Muss das sein?“

Elke strich ihr Kleid glatt, rückte in der Küche die Stühle am Esstisch zurecht. Heiner setzte sich.

„Ich will …“ Sie schaute zum Fenster. „Ich muss dir etwas sagen.“

Hoffentlich würde es nicht so lange dauern.

„Ich habe …“

Er wartete.

„Ich habe mich in jemanden verliebt!“, platzte es aus ihr heraus.

Das wars wohl mit dem Wochenende.

„Kenne ich ihn?“

Schweigen.

„Also ja.“

„Ja, ich habe mich in Dieter verliebt.“

Jetzt wäre Heiner fast die Zigarette aus dem Mund gefallen – wenn er noch rauchen würde. Dieter aus „Niedersachsen sucht den Megaproleten“.

„Vollkommen verständlich“, erwiderte er trocken. „Woher kennt ihr euch?“

„Aus dem Fernsehen.“

Der gemeinsame Fernsehabend also.

Sie beschlossen, dass Heiner in der Wohnung bleiben würde und Elke die Meerschweinchen bekam.


Es klingelte an der Tür. Heiner machte auf. Davor stand Elke, nass bis aufs Haar.

„Didi und ich, wir haben uns getrennt.“

Er wusste nicht, was er sagen sollte. Klar war ihm das sowieso gewesen. Hat wohl wieder eine Jüngere gefunden, der Didi.

„Nimmst du mich wieder zurück?“

Heiner starrte auf seine Fußspitzen, die in Filzpantoffeln steckten.

„Ich mag deine schlichte Einfachheit“, schob Elke nach.

„Das hat noch niemand zu mir gesagt.“

Er machte die Eingangstür weit auf.

„Und, wie wars mit Dieter?“

„Ganz gut.“

„Was macht der so?“

„Trink Champagner. Hat eine Limousine.“

„Eine Cousine? Das ist interessant.“

„Soll ich euch bekannt machen?“

„Ja, bitte.“


„Wie war es mit der Cousine?“

Heiner lehnte sich im Sessel zurück, nippte an seinem Jägermeister: „Ganz gut.“

„Ich bin froh, dass wir das gemacht haben.“

„Du warst doch gar nicht beteiligt!“

„Das alles. Das – hat – uns einander nähergebracht. Ich glaube“, Elke schenkte sich Champagner ein. „Ich glaube“ – auch Heiner bekam welchen. „… ich habe mich in dich verliebt. Chin, chin.“


Interessiert dich das Thema Improvisationstheater? Dann lies unbedingt dieses Interview: Politisch? Korrekt! – Über die Gratwanderung beim Improtheater, über Abstürze und Höhenflüge

1 Kommentar zu „Verliebt in den Megaproll“

  1. Pingback: Politisch? Korrekt! – Über die Gratwanderung beim Improtheater, über Abstürze und Höhenflüge – Krasse Eloquenz

Kommentarfunktion geschlossen.