Ein Traum von mir wird nicht mehr in Erfüllung gehen. Ich weiß, es ist ganz einfach. Ich habe diesbezüglich auch bereits mehrere sachdienliche Hinweise erhalten. Aber eins werde ich in meinem Leben nicht mehr schaffen: Pommes zu machen. Die leidvolle Geschichte begann im Alter von 16 Jahren, als ich noch bei meinen Eltern wohnte und diese bei einem Elternabend waren – und dann die spontane Idee: Heut mach ich Pommes! Schnell Kartoffeln geschält, zack, zack, in Stifte geschnitten, Öl in den Topf geknallt. Ich wusste, man muss richtig hochdrehen. Die Mayonnaise stand schon bereit. Doch irgendwie passierte nichts. Das Öl lag im Topf wie ein stiller See, kein Kochgeräusch, kein zaghaftes Bläschen. Ich schaute hinein: nix. Ohnehin hatte ich etwas im Schuppen zu erledigen: brachte mein Fahrrad hinein, schloss es ab, schloss dann die Schuppentür, kam zurück. Immer noch nichts. Ich ging ins Bad, wusch mir die Hände, kontrollierte meine Haut. Als ich wiederkam, da qualmte es. Plötzlich. Ich schaute und überlegte, wann diese Wandlung von nichts zu Qualm vonstattengegangen sein mochte – schon stiegen Rauchschwaden aus dem Topf hoch. Da kannst du keine Pommes mehr reinwerfen, Andrea. Gott sei Dank hast du schnell geschaltet, den Topf in die Spüle gestellt, kaltes Wasser aufgedreht.
Oh – mein – Gott.
Wochen später waberten die Folgen der Ölexplosion noch durch die Räume. Meine Eltern sprachen inzwischen wieder mit mir, erklärten mir aber, dass ich Glück hatte, jetzt nicht wie der Joker auszusehen. Wäre ich gläubig gewesen, hätte ich sicher zu Paule beten müssen, eine Kerze anzünden oder etwas in der Richtung.
Mit 28 wagte ich es erneut. Diesmal war ich schlauer: Man musste das Öl studieren und die Pommes genau zum Umschlagzeitpunkt, beim Wechsel von flüssig zu gasförmig, hineinwerfen. Jaaa! Es funktionierte! Der Fettschaum kam hoch, die Temperatur war gerade richtig. Aber da – die Fettgischt trat über das Ufer. Kalorienbewusst, wie ich bin, hatte ich extra einen kleinen Topf gewählt – ich wollte ja nur ein paar Pommes, nicht der Rede wert. Das heruntertropfende Fett erreichte die Herdplatte, es fing an zu brennen. Ich suchte das Weite, rannte auf den Balkon, schaute durch das große Fenster in die Küche, duckte mich vorsichtshalber und beobachtete das Spektakel des großen Feuers und des kleinen Topfes, der immer schwärzer wurde. Mein Handy lag im Wohnzimmer. Dort würde ich im Notfall sicher hinkommen, um die Feuerwehr zu verständigen.
Das war nicht nötig. Außer eines verkohlten Topfes und einer Wohnung, die zwei Tage nicht zu betreten war – ich quartierte mich für die Zeit beim Nachbarn ein – gab es keine weiteren Kollateralschäden.
Ich habe nie wieder Pommes gemacht.
Wie es besser geht mit dem Kochen, liest du in meinem Interview mit dem Chefkoch Franz Gerstenlauer: „Kochen – von low bis high end“.
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